Lizas Welt (Gast) - 19. Sep, 21:59

»Vert et Blanc« hat keine Apologie des Marktradikalismus oder von RB Leipzig formuliert, sondern die falsche, weil regressive Kritik an RB Leipzig und dem »modernen Fußball« kritisiert. Das ist ein erheblicher Unterschied, und deshalb ist eine Schlussfolgerungen wie »Wer die Begeisterung über den Marktradikalismus nicht teilt, ist also pathologisch, muss geheilt werden« im günstigsten Fall falsch und im ungünstigsten bösartig.

spielbeobachter - 20. Sep, 11:53

Sicher gibt es an der Kritik an Werbung Leipzig auch das eine oder andere auszusetzen und ich hätte mich gefreut einen solchen Artikel zu lesen. Die Einseitigkeit und die agitatorische Radikalität, mit der alles, was wofür das Franchise nicht steht, diffamiert wird, lässt für mich allerdings keine andere Interpretation als die von mir beschriebene zu. Um Deine Interpretation zu teilen, müsste ich annehmen, "Vert et Blanc" agitierten aus einem ideologiefreien Raum heraus (ein rhetorischer Kniff, den ich im übrigen nur von Marktradikalen kenne), und da ich davon ausgehe, dass es einen solchen Raum nicht gibt, fällt es mir schwer Deine Interpretation zu teilen.
vert et blanc (Gast) - 20. Sep, 14:33

»Um Deine Interpretation zu teilen, müsste ich annehmen, ›Vert et Blanc‹ agitierten aus einem ideologiefreien Raum«

Nein, das musst Du nicht. Wer beobachtet (konkret: Kritik äußert), setzt sich damit selbst der Beobachtung aus (konkret: einer Kritik der Kritik). Das Spiel ist alt und dieses Risiko gehen wir gerne ein. Insofern haben wir an Deinem Text formal auch gar nichts auszusetzen. Den von Alex aufgezeigten stillschweigenden Übergang von Kritik zu einer Apologie weisen wir aber von uns. Gleichwohl wissen wir, dass es ein beliebter rhetorischer Kniff ist, die Ablehnung regressiver Kritik mit der Affirmation bestehender Verhältnisse zu verwechseln (im Falle der Leipziger Fußballzustände lohnt sich da imho auch ein zweiter Blick – aber das deutest Du in Deinem Text ja auch an). Ausführlicher steht das übrigens am Anfang unseres Gastbeitrags für 120minuten.net, hier http://120minuten.net/fur-mehr-modernen-fussball/ bei Interesse nachzulesen.
hellojed (Gast) - 20. Sep, 15:05

"Gleichwohl wissen wir, dass es ein beliebter rhetorischer Kniff ist, die Ablehnung regressiver Kritik mit der Affirmation bestehender Verhältnisse zu verwechseln"

Dabei würde es enorm helfen, wenn einmal selbst eine umfassende Kritik der bestehenden Verhältnisse käme, anstatt nur die 'regressive Kritik' ins Blickfeld zu nehmen. Der verlinkte Artikel kommt da auch im ersten Absatz über fankulturtypische Code-Andeutungen nicht hinaus. Wenn die (womöglich) zu kurz greifende Kritik mit mehrseitigen Artikeln auseinandergenommen wird, dann gehen solche einleitenden Textteile eben unter, und der Eindruck dass man die bestehenden Verhältnisse verteidigen will drängt sich auf - was ein Muster ist, dass ich, wie bei Twitter (zu knapp) angedeutet, auch völlig abseits vom Fußball allzu häufig beobachtet habe.
vert et blanc (Gast) - 20. Sep, 16:44

@Hellojed:

»Dabei würde es enorm helfen, wenn einmal selbst eine umfassende Kritik der bestehenden Verhältnisse käme, anstatt nur die ›regressive Kritik‹ ins Blickfeld zu nehmen.«

Nur zu! Betrachte das doch als einen willkommenen Anlass, in dieser Hinsicht tätig zu werden – obschon ich den Eindruck habe, dass es an grundlegender Kritik überhaupt nicht mangelt. An einem breiten und hinreichend skeptischen Bewusstsein, um aus der Masse der Kritik die angemessenen Formen von den zu kurz gedachten zu unterscheiden, mangelt es unserer Meinung nach dagegen sehr. Und das liegt wohl nicht zuletzt daran, dass die Beschäftigung mit solcher Metakritik grundsätzlich unbequem ist: Sie erschüttert unreflektierte Selbstverständlichkeiten. Mitunter sogar das Selbstverständnis des »kritischen« Fußballfans (und nicht nur dessen, aber das ist ’ne andere Geschichte…). Das Ergebnis ist allzu häufig eine Immunisierungsstrategie, mit der die Störenfriede der je eigenen Behaglichkeit als »kranke Extremlinke«, »rechte Neocons« oder halt »marktradikale Ideologen« bezeichnet werden – je nachdem, woher der Verteidigungsreflex stammt. Darüber kann man anschließend auch fabelhaft streiten – die ursprüngliche Kritik bleibt dabei in der Regel aber auf der Strecke.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin gespannt auf Deine »umfassende Kritik«. Wir werden sie sehr gerne lesen.
spielbeobachter - 23. Sep, 14:24

@vert et blanc

(zunächst einmal Sorry für die späte Antwort)

1) Den auf Twitter geäußerten, und hier wiederholten ("..als »kranke Extremlinke«, »rechte Neocons« oder halt »marktradikale Ideologen« bezeichnet werden") Vorwurf des Wegsortierens nehme ich so unreflektiert, wie Du ihn in den Raum stellst, nicht an. Ziel dieses Teils des Textes war eben aufzuzeigen, dass Du/Ihr nicht aus dem luftleeren Raum agitiert. Diese Behauptung aber ist zentraler Bestandteil der marktradikalen Ideologie: Es gäbe in der Mitte gar keine Ideologie, sondern nur einen wahlweise gott- oder naturgegebenen Fluss des Geldes, der alles richten wird. Alles andere ist extremistischer Kampf gegen die Zivilisation. Mein Versuch, Eure Position zu kontextualisieren, oder, um in Deinen Bildern zu bleiben: meine "Einsortierung" Eurer Position als puren Verteidigungsreflex zu diffamieren, passt da leider sehr gut ins Bild.

2) Hellojed hat meines Erachtens recht: Seiten um Seiten damit vollzuschreiben, warum jedwede Kritik am "modernen Fußball" und an Werbung Leipzig nicht nur falsch, sondern auch höchst gefährlich ist und unterbleiben soll, wird nicht dadurch keine Apologie, dass man irgendwann in einer Einleitung eines Textes einmal erwähnt hat, dass man hohe Eintrittspreise auch ein bisschen nervig findet. Dieses Alibi ist zerkratzt, ich möchte es nicht kaufen.
Und damit wir uns da nicht falsch verstehen: Kritik an der Kritik ist natürlich nicht nur erlaubt, sondern macht in der Tat nicht gemein mit dem Ziel der ursprünglichen Kritik. Die von Euch geäußerte Kritik an der Kritik ist jedoch so radikal und auf Vernichtung ausgelegt, dass es jenseits der Feststellung, dass "moderner Fußball" und Werbung Leipzig nichts mehr geben kann und darf. Wenn Ihr Euch nach wie vor missverstanden fühlt, könnte es vielleicht auch an Euch liegen.
vert et blanc (Gast) - 24. Sep, 21:17

@Spielbeobachter

»den […] Vorwurf des Wegsortierens nehme ich so unreflektiert, wie Du ihn in den Raum stellst, nicht an«

Das ist Dein gutes Recht, ihn »unreflektiert« zu nennen sicherlich nicht. Im Gegenteil. Ich werde mich im Folgenden nicht weiter in den von Dir vorgeschlagenen Eskalationspfad konfligierender Kommunikation begeben – dazu fehlt mir schlicht und einfach die Zeit und die Lust. Ich habe oben schon versucht darzulegen, dass wir dem Trugschluss, es gebe einen nicht-kritisierbaren Standpunkt, keineswegs anheim fallen. Dass wir uns darüber hinaus nicht für »Marktradikale «halten, tut vielleicht weiter auch nichts zur Sache; wenn es so gut ins Schema passt. Das aber trotzdem fürs Protokoll.

One more thing: Ob Du unser »Alibi« nun kaufen willst oder nicht – wenn wir der Meinung sind, es fehle in einschlägigen Fankreisen kritisches Bewusstsein für die impliziten Schwierigkeiten verkürzter Kapitalismus-, Professionalisierungs- oder gar RBL-Kritik (Nichtzutreffendes bitte streichen, zudem gibt es lobenswerte Ausnahmen), werden wir auch weiterhin Seite um Seite damit vollschreiben. Keine Sorge.
Unsere Kritik ist vielleicht radikal (im etymologischen Sinne des Wortes), »vernichtend« ist sie keineswegs. Unsere persönliche Erfahrung (insbesondere in »linken« Kontexten) zeigte und zeigt aber, dass Kritik radikal sein muss. »Der Splitter in Deinem Auge ist das beste Vergrößerungsglas«, schrieb Theodor W. Adorno einst sehr treffend. Und weil wir mit Proponenten eines notwendig falschen Bewusstseins nicht länger gemeinsame Sache machen wollen, halten wir damit auch nicht hinterm Berg. Es kann und darf jenseits des »modernen Fußballs« und RB Leipzigs übrigens sehr gerne auch weiterhin Anderes geben, auch wenn Du uns das vermutlich nicht abkaufen willst. Geschenkt. Wir fühlen uns derweilen nicht missverstanden – sondern tatsächlich auf sehr ironische Weise in nahezu allen Belangen bestätigt: Das drängendste Problem ist nicht RB Leipzig, sondern die Haltung der (nach eigenem Bekunden) »wahren Fans« da draußen.
Nichts gegen Dissenz, im Gegenteil. Aber das ist halt einfach nicht unsere Party.
vert et blanc (Gast) - 25. Sep, 07:59

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»Man will hinter den Kapitalismus und seine Freiheiten zurückgehen, anstatt über ihn hinaus.«
http://vert-et-blanc.net/2014/mehr-selbstbestimmte-kuenstlichkeit/

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