Dass das kompletter Unsinn ist, ist natürlich völliger Quatsch
Regeln, auch Fußballregeln, sind in der Regel nicht in Stein gemeißelt. Und man darf schon überlegen, ob eine Strafe angemessen ist, die der Straftäter so bereitwillig in Kauf nimmt, weil sie ihm möglicherweise als das kleinere Übel erscheint. Insofern ist das mit dem kompletten Unsinn kompletter Unsinn.
Über eine längere Strafe als nur ein Spiel Sperre für den Täter darf man also selbstverständlich nachdenken, sollte man vielleicht sogar. Auch, ohne sich dafür als Romantiker, weltfremd, parteiisch oder auch nur als unwissend beschimpfen lassen zu müssen.
spielbeobachter - 6. Jul, 16:03
Natürlich könnte man über eine längere Sperre bei absichtlichem Handspiel (wobei ich ja bei solchen Szenen immer auch einen - natürlich genauso strafbaren - Reflex für möglich halte) nachdenken. Insofern hast Du recht.
Aber richtig ist auch, dass - was die direkte Situation in jenem Spiel angeht - Uruguay die härteste Strafe bekommen hat, die es in einem Fußballspiel gibt und eine längere Sperre nicht in den Strafen- und Sperrenkontext der FIFA passen würde.
Und, ohne Dir das jetzt unterstellen zu wollen, aber eben anderen Äußerungen nach dem Spiel, ein Handspiel, dass in der 121. Minute ein Tor für den "sympathischen Exoten" und somit dessen sensationellen Einzug in ein Halbfinale verhindert, darf nicht härter bestraft werden als, sagenwirmal, ein Handspiel, dass ein Tor für einen unsympathischen Favoriten in einem Gruppenspiel verhindert.
Die Regeln dürfen sich nicht nach Symapthie und Brisanz der Turniersituation richten.
Verstehe ich nicht. Ich mache mein Urteil über die Strafe doch nicht davon abhängig, wer sie bekommt. Hätte ein Ghanaer in ähnlicher Situation ähnlich gehandelt, schriebe ich das gleiche. Wer unsportlich handelt, gehört angemessen bestraft, egal, ob er sympathisch ist oder nicht. Diese Strafe aber begünstigt den Betrug, weil sie unverhältnismäßig ist und eben nicht abschreckt.
Auch deine Behauptung, dass eine andere, z.B. längere Strafe nicht in den Kontext der Fußballregeln passt, ist nicht haltbar. Für unsportliches Verhalten, für Fouls etc. kann man schon jetzt länger bestraft werden. Und selbst wenn das die Regeln aktuell so noch nicht hergäben, müsste man sie halt ggf. ändern. Sehe nicht, warum es da ein Denkverbot geben sollte.
Für mich ist Suarez ein Betrüger und ich könnte mich, wäre ich Uruguayer, nicht mehr so richtig über das Weiterkommen freuen. Um jeden Preis beim Sport weiterkommen, auch durch Betrug? Durch ein so offensichtlich absichtliches Handspiel? Wo ist die Grenze? Wieviel Betrug darf's denn sein, bevor man erkennt, dass man damit dem Sport schadet?
Ich habe auch keinen Bock darauf, ab sofort bei jeder brenzligen Situation Feldspieler als Ersatztorhüter auf der Linie zu sehen, die dann später sogar noch als Nationalhelden gefeiert werden. Ganz ehrlich: das widert mich an.
keano (Gast) - 6. Jul, 18:39
@probek
Schöner Text, fasst es im Grunde alles zusammen.
"The most annoying thing is that people don't understand the entirely basic point that he benefited by breaking the rules", schrieb @Zonal_Marking dazu. Exactly.
spielbeobachter - 6. Jul, 19:30
@ probek:
Da haben wir uns missverstanden: Natürlich muss die Strafe unabhängig davon sein, wer die Regeln bricht.
Sie muss aber auch davon unabhängig sein, ob der Regelbruch in der 121. Minute passiert, ob der Regelbruch zum Aussscheiden der Ghanaer führt und ob der Regelbruch ein Spiel entscheidet, weil er eben in der letzten Minute passiert.
Um es mal drastisch nachzumalen: Wenn ein Uruguayo in 121. Minute im Viertelfinale auf der Linie stehend mit der Hand ein Tor der Ghanaer verhindert, und diese den fälligen Elfmeter verschießen, und er damit den Halbfinaleinzug Ghanas verhindert;
so muss dies die selbe Strafe nach sich ziehen, wie
wenn ein Nordkoreaner in der sagenwirmal 29. Minute auf der Linie stehend mit der Hand ein Tor der Brasilianer verhindert, die zu dem Zeitpunkt schon sagenwirmal 3:0 führen.
Wenn wir nämlich ein und denselben Regelbruch aufgrund der Spiel- oder Turniersituation strenger oder weniger streng verurteilen, so wird es äußerst unübersichtlich und nicht mehr nach klaren Richtlinien zu messen.
Natürlich hast Du recht, das FIFA Regelwerk sieht auch längere Sperren vor, da habe ich mich möglicherweise unklar ausgedrückt. Gemeint war, dass (meines Wissen, ich habe nicht nach gesehen) keine rote Karte bei dieser WM eine längere Sperre nach sich gezogen hat. Daran gemessen, ich denke da zum Beispiel an die rote Karte für Melo, denke ich nicht, dass eine höhere Strafe für Suarez gerechtfertigt wäre.
Danke für den Link, ich werde ihn mir morgen zu Gemüte führen.
Mir geht es auch nicht allein um die Abschreckung durch eine stärkere Strafe und dadurch um einen besseren Schutz vor der Wiederholungstat. Mir geht es auch um eine gesellschaftliche Ächtung dieses Vorgangs. Ich möchte eben nicht nur, dass eine so ein offensichtliche Unsportlichkeit adäquat bestraft wird. Sondern auch, dass ein Spieler weiß, dass er damit bei vielen unten durch ist, egal, ob es nun im Regelbuch eine genau aufgelistete Strafe für diese Unsportlichkeit gibt.
Dass das offensichtlich viele anders sehen (vielleicht sogar die Mehrheit), viele die Aktion clever finden, ähnlich gemacht hätten und gar nicht begreifen, wie sehr es dem Sport schaden kann, stimmt mich nachdenklich und traurig. Wie Sparrow schreibt: "I personally am fed up with gamesmanship in football. It is the one thing that really puts me off watching the game."
Dass das kompletter Unsinn ist, ist natürlich völliger Quatsch
Über eine längere Strafe als nur ein Spiel Sperre für den Täter darf man also selbstverständlich nachdenken, sollte man vielleicht sogar. Auch, ohne sich dafür als Romantiker, weltfremd, parteiisch oder auch nur als unwissend beschimpfen lassen zu müssen.
Aber richtig ist auch, dass - was die direkte Situation in jenem Spiel angeht - Uruguay die härteste Strafe bekommen hat, die es in einem Fußballspiel gibt und eine längere Sperre nicht in den Strafen- und Sperrenkontext der FIFA passen würde.
Und, ohne Dir das jetzt unterstellen zu wollen, aber eben anderen Äußerungen nach dem Spiel, ein Handspiel, dass in der 121. Minute ein Tor für den "sympathischen Exoten" und somit dessen sensationellen Einzug in ein Halbfinale verhindert, darf nicht härter bestraft werden als, sagenwirmal, ein Handspiel, dass ein Tor für einen unsympathischen Favoriten in einem Gruppenspiel verhindert.
Die Regeln dürfen sich nicht nach Symapthie und Brisanz der Turniersituation richten.
Auch deine Behauptung, dass eine andere, z.B. längere Strafe nicht in den Kontext der Fußballregeln passt, ist nicht haltbar. Für unsportliches Verhalten, für Fouls etc. kann man schon jetzt länger bestraft werden. Und selbst wenn das die Regeln aktuell so noch nicht hergäben, müsste man sie halt ggf. ändern. Sehe nicht, warum es da ein Denkverbot geben sollte.
Für mich ist Suarez ein Betrüger und ich könnte mich, wäre ich Uruguayer, nicht mehr so richtig über das Weiterkommen freuen. Um jeden Preis beim Sport weiterkommen, auch durch Betrug? Durch ein so offensichtlich absichtliches Handspiel? Wo ist die Grenze? Wieviel Betrug darf's denn sein, bevor man erkennt, dass man damit dem Sport schadet?
Nein, danke. Ein paar längere Überlegungen zum Thema macht sich übrigens Oliver Sparrow auf A World Cup Report. Überlegungen, die ich deutlich mehr als deine teile.
Ich habe auch keinen Bock darauf, ab sofort bei jeder brenzligen Situation Feldspieler als Ersatztorhüter auf der Linie zu sehen, die dann später sogar noch als Nationalhelden gefeiert werden. Ganz ehrlich: das widert mich an.
Schöner Text, fasst es im Grunde alles zusammen.
"The most annoying thing is that people don't understand the entirely basic point that he benefited by breaking the rules", schrieb @Zonal_Marking dazu. Exactly.
Da haben wir uns missverstanden: Natürlich muss die Strafe unabhängig davon sein, wer die Regeln bricht.
Sie muss aber auch davon unabhängig sein, ob der Regelbruch in der 121. Minute passiert, ob der Regelbruch zum Aussscheiden der Ghanaer führt und ob der Regelbruch ein Spiel entscheidet, weil er eben in der letzten Minute passiert.
Um es mal drastisch nachzumalen: Wenn ein Uruguayo in 121. Minute im Viertelfinale auf der Linie stehend mit der Hand ein Tor der Ghanaer verhindert, und diese den fälligen Elfmeter verschießen, und er damit den Halbfinaleinzug Ghanas verhindert;
so muss dies die selbe Strafe nach sich ziehen, wie
wenn ein Nordkoreaner in der sagenwirmal 29. Minute auf der Linie stehend mit der Hand ein Tor der Brasilianer verhindert, die zu dem Zeitpunkt schon sagenwirmal 3:0 führen.
Wenn wir nämlich ein und denselben Regelbruch aufgrund der Spiel- oder Turniersituation strenger oder weniger streng verurteilen, so wird es äußerst unübersichtlich und nicht mehr nach klaren Richtlinien zu messen.
Natürlich hast Du recht, das FIFA Regelwerk sieht auch längere Sperren vor, da habe ich mich möglicherweise unklar ausgedrückt. Gemeint war, dass (meines Wissen, ich habe nicht nach gesehen) keine rote Karte bei dieser WM eine längere Sperre nach sich gezogen hat. Daran gemessen, ich denke da zum Beispiel an die rote Karte für Melo, denke ich nicht, dass eine höhere Strafe für Suarez gerechtfertigt wäre.
Danke für den Link, ich werde ihn mir morgen zu Gemüte führen.
Dass das offensichtlich viele anders sehen (vielleicht sogar die Mehrheit), viele die Aktion clever finden, ähnlich gemacht hätten und gar nicht begreifen, wie sehr es dem Sport schaden kann, stimmt mich nachdenklich und traurig. Wie Sparrow schreibt: "I personally am fed up with gamesmanship in football. It is the one thing that really puts me off watching the game."