Mittwoch, 16. November 2011

Beenden wir die Angst.

Wir sind gerne der Mob. Da oben auf unserer Tribüne, solange die langsam altersschwach werdenden Beine uns noch tragen, stehend, verwandeln wir uns regelmäßig in das Tier namens "Zwölfter Mann". Ein Tier, das sich von unserer Leidenschaft nährt, von unserer Begeisterung und der Bereitschaft für 90 Minuten Grenzen zu überschreiten, die wir normalerweise nicht überschreiten. Ich jedenfalls schreie im Alltag höchst selten erbost auf, wie ich und die anderen Teile des Tiers es tun, wenn der Schiedsrichter falsch pfeift oder Spieler XY den Passweg nicht sieht oder, schlimmer noch, Spieler YX - von denen - einen der unseren foult. Und, ja, einer der Gründe ins Stadion zu gehen, ist auch dieser. Teil des Tiers zu sein.

Aber das geht nur, weil wir wissen, dass wir gar kein Tier sind, sondern Mensch. Weil wir wissen, dass auch die 22 Spieler und die vier Schiedsrichter da unten auf dem Feld Menschen sind. Dass wir uns nach den 90 Minuten den Mund abputzen und in unser normales Leben, in dem ein freundliches Miteinander eine Zier ist, zurückkehren können. Weil auch "das blöde Arsch da mit der Vier" am Ende des Spieles sein Trikot auszieht und wieder Mensch wird und nicht bloß Spieler und heimkehren kann zu seiner Frau oder seinem Mann.

Kann er nicht, letzteres, jedenfalls nicht ohne Angst haben zu müssen und ohne sich verstecken zu müssen. Und das ist unerträglich. Es ist ein immer dräuendes Zeichen des Schande, eine ewig hallende - auch jetzt, in genau diesem Moment - Ohrfeige für uns und unsere Liebe zum Fußball, dass es Menschen gibt, die wichtige Teile ihres Lebens verstecken müssen. Angst haben müssen. Um ihre wirtschaftliche Existenz, um ihre Leidenschaft zum Sport. Angst vor den Konsequenzen haben müssen, Angst haben müssen vor uns. Uns, dem Mob.

Das muss ein Ende haben. Aktion Libero.


Aktion Libero - Sportblogs gegen Homophobie im Fußball


Ein Spiel dauert neunzig Minuten. Zumindest im besten Fall, für schwule Profifußballer dauert das Versteckspiel ein Leben lang: Keiner wagt es, seine Homosexualität offen zu leben. So schön Fußball auch ist – Ressentiments halten sich in seinem Umfeld hartnäckig.

Ein unerträglicher Zustand! Ob jemand schwul ist, oder rund, oder grün, das darf keine Rolle spielen. Wir alle sollten ein bisschen besser aufpassen – auf unsere Worte, unser Denken, unsere Taten: Die Freiheit jedes Einzelnen ist immer auch die eigene Freiheit.

Wir schreiben in unseren Blogs über Sport, und unsere Haltung ist eindeutig:
Wir sind gegen Homophobie. Auch im Fußball.


Aktion Libero - Sportblogs gegen Homophobie im Fußball

Montag, 7. November 2011

Wundertüte vs. Weiner Bremen und das Verbrechen, ein Fußballfan zu sein.

Das war ein schmerzlicher Samstagnachmittag. Erwartet war ein klassischer Wundertütenauftritt der negativen Art, nach zuletzt anderthalb guten Auftritten war ein Ausreisser nach unten an der Reihe, um dem Gesetz der Nichtserie Folge zu leisten. Es kam nicht so und wurde trotzdem doof.
Stattdessen nämlich spielte der 1. FC Köln gut. Nicht grandios, keinesfalls, schließlich lag die 2:0 Führung zum Halbzeitpfiff auch daran, dass Bremens Stürmer nicht treffen wollten. Den Chancen nach hätte es also zur Halbzeit auch 3:3 stehen können, aber selbst das wäre, gemessen an meinen Erwartungen, noch völlig in Ordnung gewesen. Gehen wir allerdings nach "könnte, hätte, müsste", so hätte Bremen diese erste Halbzeit mit zehn Mann beenden müssen, Sokratis ahndungswerter Bodycheck gegen Peszko - ohne Chance an den Ball zu kommen, im Strafraum, eingesetzt zur Vereitelung einer klaren Torchance - hätte nicht nur Elfmeter nach sich ziehen müssen, sondern auch mindestens die zweite gelbe Karte, und somit gelbrot, für den Griechen bedeuten müssen.
Wie auch immer, Schiedsrichter Weiner entschied anders, wie er in der zweiten Halbzeit so manches anders entschied, als es die Bilder hergaben - Naldos Volleyballbewegungen im Strafraum, die Weiner anschließend zur Schutzhand erklärte, Serenos Trikotzupfer, der in Weiners einsamen Kosmos Elfmeter und glatt Rot bedeutete. Die Behauptung des Express, Werders Manager Allofs hätte Herrn Weiner in der Halbzeit in dessen Kabine besucht, lassen wir an dieser Stelle unbeachtet, solange es dafür keine seriösen Quellen gibt.
Seriöse Quellen gibt es allerdings zuhauf für anderes, welches sich in Bremen ereignete: Demnach mussten sich die Gästefans vor Eintritt in das Weserstadion zu viert oder fünft auf eine Bierbank setzen und sich dann ausgiebig von Sprengstoffspürhunden beschnüffeln lassen, welche auf der Suche nach pyrotechnischen Materialien waren. Ein weiterer niederschmetternder Beweis dafür, dass der gesellschaftliche Paradigmenwechseln von der zu beweisenden Schuld des bis dahin Unschuldigen hin zur Vorverurteilung und deren Umsetzung durch sogenannte Präventivmaßnahmen bereits in erschreckender Weise vollzogen ist. "Fußballfans sind keine Verbrecher" mag, obgleich natürlich richtig, für manchen bislang nach hohler Phrase seitens der für solche mitunter bekannten Ultràs geklungen haben, spätestens durch diese erniedrigende und empörende Behandlung aber wird diese Formel zu einer notwendigen Forderung an die DFB- und DFL-Oberen. Allein: Es fehlt der Glaube, dass deren Realitätsferne überwindbar ist. Man wünscht sich direkt die Herren Rauball, Zwanziger und Konsorten oder wer auch immer dafür verantwortlich zeichnet, mögen fortan, jedesmal wenn sie ein Kaufhaus verlassen, in dem schon mal ein Ladendiebstahl stattgefunden hat, gründlichsten Leibesvisitationen unterzogen werden. Schließlich gehören sie ja ihrer eigenen Logik nach ebenfalls zu potentiellen Ladendieben und müssen fortan immerfort auch als solche behandelt werden.

Dienstag, 1. November 2011

Vom erbärmlichen Zustand des serbischen Fußballs.

Fußball in Serbien. Leidenschaftlicher Fußball meets noch leidenschaftlichere Fans, Bengalos, Hooligans, Roter Stern und Partizan, trickreicher südeuropäischer Fußball statt nordeuropäischem Gebolze, Schlitzohrigkeit und Härte. So spricht das Klischee. Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr wenn das Licht angeht:

Eine Woche Belgrad steht auf dem Programm, Fußballspielbesuch ist Pflicht - so denn möglich. Die erste Schwierigkeit mit dem serbischen Fußball ist nämlich dessen Unplanbarkeit. Sofern wir nicht in langen Recherchestunden völlig daneben lagen, scheint es in dem ehemals jugoslawischen Land üblich zu sein, Spieltage erst zwei Tage vor dem tatsächlichen Wochenende zu terminieren. So erfahren wir erst sehr kurz vor Abreise, dass es an unserem Ankunftswochenende kein Sonntagsspiel geben wird in Liga 1 und in Liga 2 kein Belgrader Verein sein Fußwerk an jenem Sonntag verrichtet. Aus Angst am Ende mit völlig leeren Händen dazustehen beschließen wir nach 24 Stunden Zugfahrt kurzer Hand gleich wieder in den Zug zu steigen und in die zweitgrößte Stadt Serbiens, nach Novi Sad, zu reisen. Dort trifft an diesem Sonntag in der zweiten Liga der FK Proleter Novi Sad auf den Lokalrivalen FK Novi Sad. Unsere Reise führt uns in einen Vorort, fast schon ländlich anmutende Dörflichkeit erwartet uns rund um den Sportplatz von FK Proleter. Den Ort des Geschehens Stadion zu nennen würde die Sache wirklich überhöhen. Immerhin behaupten serbische Zeitungen am nächsten Tag, es seien tausend Zuschauer anwesend gewesen, was uns ein arg optimistisch erscheint. Vielleicht aber waren es die ca. 80 Gästefans, die diese Zahl erklären - denn wie wir im weiteren Verlauf erfahren müssen, scheinen Gästefans in Serbien ein seltenes Phänomen zu sein.

fk proleter novi sad
Hurra, das ganze Dorf ist da! (Das Plakat verkündet dazu: Proleter schreibt man mit dem Herzen)

Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt: Der Fußball der beiden Lokalrivalen ist leidenschaftlich, aber schlecht. Weder die einen noch die anderen hätten auch nur den Hauch einer Chance in der zweiten Bundesliga, aber Einsatz und Wille stimmen. In der zweiten Halbzeit verplätschert das Spiel vollends, bis plötzlich in der 87. Minute ein, sagen wir mal, äußerst schmeichelhafter Elfmeter den rot-weiß gewandten Gastgebern das 1:0 beschert - ein Umstand, der nicht mehr zu erwarten war. Schnell noch ein Bier im Vereinslokal, das allerdings mehr Wettbüro als Vereinslokal ist und ab nach Hause.

fk proleter novi sad
Eine seltene Gattung im serbischen Fußball: Gästefans. Mit Bengalos. Und acht Polizisten.

Unsere Sorge, in Belgrad selbst möglicherweise kein Spiel zu sehen zu können, erweist sich als völlig unbegründet: Mitte der Woche erwartet uns der serbische Pokal. Und der Fußballgott meint es gut mit uns: Sowohl der FK Crvena Zvezda (Roter Stern), als auch Partizan Beograd haben ein Heimspiel, die einen am Dienstag, die anderen am Mittwoch - da beide Stadien dieser ewigen Konkurrenten kaum mehr als einen Steinwurf voneinander entfernt liegen, spielen sie nie am gleichen Tag zu Hause.

Zunächst geht es also ins "Marakana" genannte Stadion des einzigen osteuropäischen Vereins neben Steaua Bukarest, dem es jemals gelang, den Landesmeisterpokal zu gewinnen: FK Crvena Zvezda, Roter Stern. Der Umstand, dass der Gegner ein Zweitligist ist, macht uns zwar geringe Hoffnungen auf ein gutes Spiel vor vollem Haus, doch was wir sehen, ist noch weniger als erwartet: 6242 Zuschauer verlieren sich im weiten Rund (das Stadion soll 2012 umgebaut und vergrößert werden, es stellt sich die Frage wofür), keinerlei Gästefans, immerhin, es gibt Ultras, die auch 90 Minuten durch singen und ab und an mit Bengalos wedeln, doch auch das reicht nicht, um wirklich Fußballatmosphäre aufkommen zu lassen.
Der Gegner, FK Banat Zrenjanin - immerhin Dritter der 2. Liga - mauert sich ein und bringt es auf insgesamt vier Konter. Dem ruhmreichen Roter Stern fällt dazu überhaupt nichts ein, es fehlt an Ideen, Laufbereitschaft und überhaupt allem, was erfolgreichen Fußball ausmacht. Bewegung kommt in die Sache, als Gastgeber-Torwart Vesic in der 70. Minute einen der seltenen Konter Banats außerhalb des Strafraums mit der Hand abwehrt, was eine rote Karte und den Einsatz des ghanaischen Abwehrspielers Lee Addy als Torwart zur Folge hat, da Roter Stern schon dreimal wechselte.
20 Minuten also Zeit für Banat diesen Umstand auszunutzen, doch - nicht ein Schuss auf das Tor Roter Sterns. Hilflos, chancenlos, erbärmlich. Und so richtet sich alles auf die Verlängerung ein, als in der 96. Minute ein vermeintliches Handspiel zu einem Elfmeter für den Favoriten führt. Wut und Entsetzen, Rudelbildung, eine rote und zwei gelbe Karte für die Gäste - nichts hilft, Roter Stern gewinnt das Spiel mit 1:0, erzielt in der regulären Spielzeit, also der 98. Spielminute. Der Schiedsrichter bleibt sicherheitshalber noch zehn Minuten auf dem Feld, bevor er sich in Richtung Kabine wagt.

fk crvena zvezda
Wer glaubt, dieses Foto sei Stunden vor dem Spiel entstanden, irrt. Fünf Minuten vor Anpfiff. Zugegeben, die andere Kurve ist voller. (Stadion Crvena Zvezda)

Nun gut, grauenhafte Pokalspiele eines großen Favoriten gegen einen unterklassigen Gegner kennen wir auch. Wir haben also Hoffnung, dass es am nächsten Tag besser wird: Partizan Beograd, zuletzt viermal in Folge serbischer Meister geworden, erwartet FK Metalac - immerhin Erstligist, wenn auch letzter der SuperLiga. Und tatsächlich: Es fallen Tore, ganz ohne zweifelhafte Elfmeter in der letzten Minute. Dummerweise steht es schon 2:0 in der zehnten Minute, in der wir aus mangelnder Ortsunkenntnis (die Kassen sind hundert Meter weiter, falls das mal jemand wissen muss) das Stadion betreten. In Folge dessen - Metalac kann nichts, Partizan will nichts mehr - sehen wir belangloses Geplänkel, das uns zwar noch zwei Tore schenkt, je eins pro Mannschaft, das aber so schlecht ist, dass sogar die Heimfans ihren Unmut äußern. Apropos Heimfans: 2968 sollen es gewesen sein, natürlich keine Gästefans. Traurig.

partizan beograd
Das wahrscheinlich modernste Stadion der Stadt mit dem Tempel des Hl. Sava im Hintergrund.

Vielleicht, so überlegen wir, liegt es ja am Wettbewerb und am Wochentag, dass der Fußball so wenig Menschen locken kann. So geht es also am letzten Reisetag schnell noch zum drittgrößten Verein Belgrads, dem OFK Beograd. Gegner ist FK Borac Čačak - Kellerduell in der ersten Liga, 11. gegen den 14.. Eine letzte Chance für den serbischen Fußball, uns Atmosphäre und Fußball von nennenswerter Qualität zu bieten. Wenigstens eines von beidem wäre schön - wie der geneigte Leser schon vermutet: Weder noch ist der Fall.
Im Gegenteil. 234 handgezählte Zuschauer in einem Stadion, dessen äußerst maroder Zustand zwar einigen Charme hat, aber die Leere auch nicht übertünchen kann und ein Fußballspiel, dessen grauenhafte Qualität alles bisher gesehene unterbietet. Je ein Elfmeter, der der Gäste verschossen, und ein eklatanter Torwartfehler bescheren dem Gastgeber einen verdienten 2:0 Sieg.

ofk beograd
Serbischer Fußball ist, wenn nicht mal die Menschen, die fast im Stadion wohnen zum fenster herausschauen. Aber immerhin gibt es Ordner.

Belgrad ist eine schöne, unbedingt sehenswerte Stadt. Der jugoslawische Fußball war einst eine wichtige Größe, und auch heute ist er so schlecht nicht, bedenkt man, dass drei ehemals jugoslawische Mannschaften in den Play-Offs für die EM stehen und Serbien nur knapp scheiterte, selbige zu erreichen. Und natürlich: Wer gut Fußball spielen kann, spielt nicht in Serbien, nur zwei Spieler des aktuellen Nationalmannschaftskader schnüren ihre Fußballschuhe für einen serbischen Verein. Aber nichtsdestotrotz: Die Zukunft des serbischen Fußballs sieht düster aus, wenn sich die Gegenwart so darstellt, wie sie es tut - Tristesse auf dem Rasen, Tristesse auf den Rängen, völliges Desinteresse aller Beteiligter, Besserung nicht in Sicht. Schade.

Freitag, 5. August 2011

Der FC und die Saison 11/12 - Der Spielbeobachter fragt, Experten antworten

Ich vermute, ich verrate der geschätzten Leserschaft nicht zuviel, wenn ich darauf hinweise, dass an diesem Wochenende die Bundesligasaison 2011/12 beginnt. Dann endlich wird die Zeit für Kaffeesatzleserei, die in Testspielen, Transfers, Trikotschnitten und Trainerzugängen die Zukunft zu finden sucht, ein Ende haben.

Allerdings: Erst dann. Noch waten wir im Ungewissen, getrieben von Vorfreude und Sorge zugleich. Und wie immer suchen wir in Zeiten der unsicheren Zukunft die Hilfe von Experten.

Die Saison 2011/2012 des 1. FC Köln zu prognostizieren fällt schwer. Verwirrt nimmt der gemeine FC-Fan zur Kenntnis, dass sich das Gesicht der Mannschaft kaum verändert hat, ein Zustand, wie er schon lange - auch bedingt durch Auf- und Abstiege - nicht mehr herrschte. Dafür hat sich das Gesicht des Trainers geändert, ein leider altbekanntes Phänomen. Diesmal aber scheint der Wechsel hin zum Norweger Solbakken ein guter gewesen zu sein - oder? Und was ist mit Volker Finke, dem von den Medien offenbar nicht sonderlich geschätzten Architekten des Umbaus - kann er Schwächeperioden überstehen?

Fragen über Fragen. Zeit für Experten. Ich habe einige Effzeh-affine Blogger gefragt, mir bei der Kaffeesatzleserei behilflich zu sein und mir zu von mir vorgebenen Stichworten ein paar Sätze zu schenken. Andre vom Spielfeldrand, Stefan von der Südtribüne, der vierte Offizielle Axel, Guido com FC-Blog, Quarkbällchen aka Saskia (FC-Content findet sich bei Ihr eher auf Twitter) und das fcbuch waren so überaus freundlich mir zu antworten. Dabei wird deutlich, dass das allgemein bekannte Bild des permanten in irgendwelchen Wolken schwebenden und von Champions League Siegen träumenden FC-Fan 1:1 der Wirklichkeit entspricht. Oder auch nicht. Lest selbst:

Die Saison 11/12 wird für den 1. FC Köln...
Spielfeldrand: ...ein Auf und Ab, mit hoffentlich einigen schönen Spielszenen, taktischer Disziplin und einem zeitigen Klassenerhalt.
fcbuch: ...wie immer turbulent und total anders als wir das uns alle erwarten.
fc-blog: ...eine hoffentlich ruhige Saison, in der die zukünftige Richtung
konkretisiert wird.
Quarkbällchen: ...eine sehr entspannte. Ich denke, dass wir relativ früh die 40 Punkte zusammen haben und dann ganz entspannt nach oben blicken können. Der Tabellenplatz: Einstellig. Mit der rosaroten FC-Brille schiele ich ja immer noch auf Platz 6, aber das ist eher Wunschdenken. Mit Platz 8 könnten alle zufrieden sein.
Südtribüne: ...ein kleiner Schritt nach vorn.
Der Vierte Offizielle: ...erfolgreich. Es kommt die Zeit der kleinen aber wichtigen Schritte, die diesem Verein über Jahre nicht gelungen sind. Auch wenn am Ende keine bessere Plazierung als in der Vorsaison herauskommen sollte, wird man Verbesserungen im Spiel sehen und fröhlich an 2013 denken.

Die personelle positive Überraschung im FC Kader wird diese Saison:
Spielfeldrand: ...Lukas Podolski, weil ihm ohne Binde Lustlosigkeit zugesprochen wird und er am Saisonende bester Vorlagengeber der Liga wird.
fcbuch: ...seit wann gibt es positive Überraschungen beim FC? Mir tun die Jugendspieler wie Clemens und Matuschyk leid, weil sie unter Solbakken wahrscheinlich (zu) wenig Einsatzzeiten bekommen werden.
fc-blog: ...hoffentlich das Kollektiv werden. Daneben wünsche ich mir einen Sprung von Uth oder Kialka als ernstzunehmende Alternative im Sturm.
Quarkbällchen: ...Mato Jajalo. Bei ihm ist der Knoten mit seinem Tor im letzten Spiel der letzten Saison gegen Schalke geplatzt. Das zeigte er auch erneut im Spiel gegen Wiedenbrück. Ich denke, an dem Jungen werden wir noch viel Spaß haben. Über Podolski, Rensing und Novakovic muss ich nichts sagen, die haben ihre Klasse oft genug bewiesen.
Südtribüne: ...Miso Brecko
Der Vierte Offizielle: ...Mato Jajalo, weil er den Sprung zum absoluten Leistungsträger schafft und uns fast vergessen lassen wird, dass wir keinen wirklichen 10er in der Mannschaft haben.

Lukas Podolski wird:
Spielfeldrand: ...einer der stärksten Spieler der Liga und Schürrle aber sowas von in den Schatten stellen, um Wochen nach Saisonende in seiner Heimat Europameister zu werden.
fcbuch: ...den FC nach der Saison leider verlassen, wenn der FC nicht zum Überraschungsteam der Liga aufsteigt.
fc-blog: ...es dem Mediengetön schon zeigen und eine gute Saison spielen, Binde hin oder her.
Quarkbällchen: ...alle überraschen und sich im Vergleich zur letzten Saison noch steigern. Ich denke, dass der Trainer für ihn genau das richtige ist.
Südtribüne: ...nicht Torschützenkönig, aber eine gute Rolle spielen.
Der Vierte Offizielle: ...weiter wichtig für den 1.FC Köln sein und unter dem neuen Trainer aufblühen. Auch ohne Binde.

Ståle Solbakken ist:
Spielfeldrand: ...ein extrem guter Trainer, mit klaren Vorstellungen und einer konsequenten Art. Hoffentlich ein Trainer, der in Köln auch mal etwas Zeit erhält, sein Konzept zu entwickeln und zu verwirklichen.
fcbuch: ...ein guter Trainer. Eine Eigenschaft, die alleine nicht ausreicht, um in Köln erfolgreich zu sein.
fc-blog: ...neben Volker Finke das Beste, was dem FC passieren konnte. Kriegt diese Konstellation von Fans und Medien genügend Zeit, kann die nächste bis übernächste Saison schon ganz anders (erfolgreicher) laufen. Gut Ding will Weile haben.
Quarkbällchen: ...hoffentlich der Trainer, mit dem wir mal in Ruhe ein paar Jahre arbeiten können. Wenn er nur ansatzweise das in Köln schafft, was er in Kopenhagen erreicht hat, sind wir schon mal einen ganzen Schritt weiter.
Südtribüne: ...der beste Trainer, den der 1. FC Köln haben konnte.
Der Vierte Offizielle: ...ein junger, moderner, ballorientierter Trainer, der in Köln zu einer absoluten Kultfigur werden kann. Nebenbei glaube ich persönlich, dass er das Beste ist, was dem effzeh seit langer, langer Zeit widerfahren ist.

Die umfassende Neuausrichtung des Vereins unter Volker Finke:
Spielfeldrand: ...ist der richtige, weil notwendige Schritt.
fcbuch: ...muss für Finke selber nervlich die Hölle sein. Ein kleiner Fehler, und er wird zerrissen. Bleibt zu hoffen, dass sich das irgendwann alles zu einem guten Ganzen fügt!
fc-blog: ...war absolut nötig. Halten Overath und Co sich endlich mal raus aus dem alltäglichen Geschäft, kann er auch in Ruhe weiterarbeiten.
Quarkbällchen: ...ist genau das, was dem Verein in den letzten Jahren gefehlt hat. Ich bin der Meinung, dass VF bis jetzt (fast) alles richtig gemacht hat. Nehmen wir die Vertragsverlängerung von Sanou mal da raus, so finde ich, dass er einen guten Job macht. Er hat es endlich geschafft, einen großen Teil unserer Talente zu verleihen, hat die Mannschaft auf der letzten Saison zusammengehalten und dann einen Spieler wie Sascha Riether verpflichtet. Ich glaube, dass VF ein klares Konzept hat und genau weiß, wo er hinwill. Wenn die neue Saison gut verläuft, hat er alles richtig gemacht und die ganzen Kritiker werden - hoffentlich - mal leiser.
Südtribüne: ...bringt den FC zurück in die Nähe dessen, was Franz Kremer mit dem Verein vorhatte und was unter dümmlicher Kölschtümelei verloren gegangen ist.
Der Vierte Offizielle: ...tut Not und manchmal weh.

Meister wird:
Spielfeldrand: FC Bayern München
fcbuch: ...langweilig, aber wohl Bayern
fc-blog: ...Bayern München, sonst platzt dem Hoeness der Schädel
Quarkbällchen: ...nach einem schwierigen Start trotzdem der FC Bayern München. Wenn Robbery fit ist, sollten die kaum zu schlagen sein.
Südtribüne: ...Keine Ahnung. Die Mannschaft mit den meisten Punkten?
Der Vierte Offizielle: ...natürlich der FC Bayern.

Absteigen müssen:
Spielfeldrand: ...die zwei Letzten und gegebenenfalls noch der Drittletzte. Es wird mal wieder mächtig eng da unten. Augsburg hat wohl keine Chance. Aber auch Freiburg, Lautern und selbst Hannover sollten sich mal nicht so sicher sein.
fcbuch: ...Wunschabsteiger sind: Gladbach, Lautern und Wolfsburg
fc-blog: ..Augsburg und Freiburg
Quarkbällchen: Diese Saison finde ich es ganz schwer, mich auf 3 Mannschaften zu fixieren. Augsburg wird da unten drin sein. Hinzu kommt Mainz, die es nach den Abgängen von Schürrle, Holtby und Fuchs extrem schwer haben werden. Bremen muss ebenfalls aufpassen. Und ob Freiburg und Nürnberg nochmal so eine gute Saison spielen werden, bleibt abzuwarten.
Südtribüne: ...wenn es einen Gott gibt: Leverkusen, Hoffenheim, Wolfsburg (auf das Derby gegen Gladbach wollen wir ja letztendlich doch nicht verzichten, oder?)
Der Vierte Offizielle: Augsburg, Mainz05 und der SC Freiburg (wobei der SC erst in der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf scheitert).


Da scheinen sich die Herren und die Dame Experten doch einigermaßen einig zu sein, nur fcbuch scheint die Zukunft ein wenig düsterer zu sehen als der Rest. Eine Saison kleiner Schritte unter dem sportlichen Führungsduo Solbakken und Finke, deren Arbeit zwar positiv gesehen wird, die allerdings mit dem Damoklesschwert der Ungeduld des Umfeldes leben müssen. Unter dem Strich scheinen jedoch fast alle positiv gestimmt, ohne in den FC-Fans gerne angedichtete Euphorie zu verfallen. Sollte dies ein repäsentatives Meinungsbild sein, so stellt sich die Frage ob diese Ungeduld nicht eine Art von Self-Fulfilling Prophecy ist.

Und Bayern wird Meister. Hauptsache nicht Leverkusen.


Ich danke allen Beteiligten!

Donnerstag, 4. August 2011

[Infografikmassaker] Home is where your Verein is

Viele denken ja, der Lukas Podolski wäre ein echter Kölner. 'Ne eschte kölsche Panz. Und schon immer beim 1. FC Köln, mal abgesehen von den Jahren bei Bayern. Ist er aber gar nicht. Geboren im polnischen Gliwice, aufgewachsen in Bergheim. Und, bevor er dann tatsächlich elf Jahre für den 1. FC Köln spielte, Jahre, die ihn zweifelsohne zu einem Effzehler durch und durch machten, schnürte er zunächst seine Fußballschuhe für den FC Jugend 07 Bergheim. Das waren nur vier Jahre im Alter von sechs bis zehn, aber wer sein Engagement für den kleinen Verein kennt, ahnt, dass ihn diese Jahre geprägt haben, wenn er auch das meiste seines beachtlichen HandFusswerkzeugs beim FC gelernt haben dürfte. Aber da gibt es ja noch andere Spieler, Manuel Neuer zum Beispiel, der ja schon immer.. Ach, nein, der küsst jetzt ja ein anderes Wappen. Würde küssen. Wenn er dürfte.
Und wer, wie ich, schon lange Zeit das Kicker Sonderheft studiert, erinnert sich, dass ja immer die Vereinsbiografie eines jeden Spielers aufgelistet ist, und dass da so mancher wunderbarer Dorfverein aufgeführt wird. Da wird es doch sicher so manche interessante Häufung geben...

Manchmal ist das ja auch so, dass man mit der Recherchearbeit anfängt für so eine Infografik, ohne wirklich zu wissen, was am Ende rauskommt. Und während man dann so vor sich hinzählt, Striche macht oder, wie in diesem Fall, Vereinsnamen abtippt, stellt man irgendwann fest: Ähm. Nee. Das Ergebnis wird dann grafisch doch eher nicht so aufregend sein.

Es stellt sich nämlich heraus: Pustekuchen.
Interessante Häufungen gibt es nicht. 509 Spieler führt der Kicker für die 18 Bundesligisten auf und 487 Erst- und Heimatvereine. Das macht ganze 21 Vereine, deutschland- und weltweit, die mehr als einen aktuellen Bundesligaspieler geboren haben und - abgesehen von Hajduk Split, quasi König und Sieger dieser Auswertung mit ganzen 3 Spielern - kein Verein, der auf mehr als zwei Spieler kommt, die einstmals das erste Mal ihre Fußballschuhe für sie schnürten.
Und so mancher dieser Vereine hat nur deshalb die Ehre, hier aufgeführt zu werden, weil er das Glück hatte, dass ihn ein talentiertes Brüderpaar erwählte. Die Benders in Brannenburg (Der TSV hat übrigens extra ein Seite auf seiner Homepage für die berühmtesten Söhne des Vereins eingerichtet), die Caliguris in Schwenningen, die Gebrüder Kroos in Greifswald und die Stevanovics, die einst für den TuS Essen-West 81 aufliefen.

Fast man mal die Frage der Herkunft ein wenig weiter, nämlich weg vom Verein und hin zur Geburtsstadt, so wird die maue Statistik nicht viel besser. In der Hälfte der Vereine steht kein einziger Spieler im Kader (Quelle hier war transfermarkt.de), der das Licht der Welt in der Stadt, in der er heute spielt, erblickte. Dass dann Berlin mit immerhin fünf Spielern ganz oben steht, ist angesichts der Größe der Stadt nicht verwunderlich. Und gäbe es nicht die Regel des "Local Players" - so sähe diese Zahl, die Fans aller Vereine oftmals nicht unwichtig ist - Ein echter XY, einer von uns - noch deutlich schlechter aus.

Aber nun gut, wenn man dann halt schon mittendrin ist und man merkt, so doll ist das Zahlenmaterial nicht, aber die Arbeit schon halb getan ist, macht man halt weiter. Das Ergebnis des ganzen seht Ihr hier:

Nach dem Klick öffnet sich die Grafik in größerer Ansicht.




Weitere Infografikmassaker:
Finaaale Ohoh - Wo?
Ausländische Spieler beim 1. FC Union Berlin
Europäische Pokalsieger nach Ländern.
Saisonübersicht des 1. FC Köln 2009/10
Where the money's at: Import & Export.
Top Fünf Platzierungen seit Beginn der Bundesliga
Alle deutschen Europacup Siege & Finalteilnahmen
Alle deutschen Meister

Mittwoch, 20. Juli 2011

Sag mal, Kicker,

können wir uns darauf einigen, dass nicht Dein Ziel sein kann, auf dem journalistischen Niveau, oder besser gesagt: Nicht-Niveau der Bild-Zeitung und des Express herum zu krebsen? Dass sowohl die sprachliche als auch intellektuelle Messlatte, die es zu überschreiben gilt, in weit luftiger Höhe liegen sollte, will man für Euch den Griffel schwingen? Ja? Ich mein, so sonderlich viel verlangt ist das ja nicht, das ist, um mal ein sportliches Bild zu bemühen, ja ungefähr so, als erwarte man von einer Fußballmannschaft, die in der ersten Liga spielen möchte, dass sie sich sportlich besser präsentiert als eine Mannschaft aus der untersten Kreisklasse. Das sollte doch hinzukriegen sein, oder?

Dann allerdings hab ich eine Frage. Ihr habt Euch ja nun, analog zu Bild Köln, Express und Kölner Stadt-Anzeiger, des "Binden-Kriegs" beim 1. FC Köln angenommen. Ihr gestattet, dass ich kurz jenen Lesern meines Blogs, die sich nicht mit Kölner Belanglosigkeiten beschäftigen, kurz erkläre, worum es geht? Danke.

Der neue Kölner Trainer Ståle Solbakken hat schon bei seinem Arbeitsantritt in Müngersdorf kundgetan, dass er sich bis zum Pokalspiel gegen Wiedenbrück die Zeit nehmen wird, erst einmal die Mannschaft kennenzulernen, bevor er festlegt, wer Kapitän ist. Im Kontext seiner bisherigen Handlungen und Äußerungen ein durchaus stimmiger Akt, der Mann scheint viel Wert auf Kommunikation zu legen. Die Entscheidung, wer auf dem Feld sein verlängerter Arm ist, ist durchaus eine taktische, dies kombiniert, dass er eben in der Tat erst das Mannschaftsgefüge kennen lernen muss, alles also keine große Sache.

Naja, doch. Jedenfalls, wenn man Bild und Express glaubt, ein Fehler, den leider immer noch viele Menschen täglich und deutschlandweit machen. Seit ungefähr zwei Wochen vergeht kein Tag, an dem dieser banale Umstand nicht genutzt würde, um einen neuen, möglichst niveaulosen und peinlichen Artikel zu schreiben. Schmerz- und lachhaft, aber gut, sollen die Kinder halt spielen, wir Erwachsenen müssen uns darum ja nicht weiter kümmern. Solange sie sich um solche Banalitäten kümmern, können sie wenigstens nichts Wichtiges kaputtmachen.

Dass Du, lieber Kicker, dann auch auf den fahrenden Zug aufspringst und die Kapitänsfrage ansprichst, ist ja auch gar nicht schlimm. Da kann man ja tatsächlich mal ganz sachlich drüber reden, welche Aufgaben ein Kapitän im System Solbakkens denn spielt und wer taktisch, sportlich und aus mannschaftsinterner Sicht dafür in Frage kommt. Kann man machen.

Aber dann ist da ein Satz über den bisherigen Bindenträger Podolski, der so ungeheuer schmerzhaft ist, lieber Kicker, dass ich nur hoffen kann, dass derjenige, der ihn verbrach, geohrfeigt wurde und mit lebenslangem Berufsverbot versehen wurde. "Podolski soll beobachtet worden sein, wie er das Stückchen Stoff am Oberarm des 22-Jährigen argwöhnisch beäugte". (Der 22-Jährige ist Kevin Pezzoni, der bei einem Testspiel Kapitän war). KICKER! Hallo? Jemand zu Hause? Soll beobachtet worden sein, wie er eine Kapitänsbinde argwöhnisch beäugte? Ich mein.. also... mit einer Antwort kann ich wohl nicht rechnen, da Du verständlicherweise gerade in der Ecke sitzt und vor Scham heulst.. aber - das wirst Du doch wohl hoffentlich nicht ungestraft durchgehen lassen?

Freitag, 15. Juli 2011

Eine Erfolgsmeldung und ein neues Rätsel.

Vor fast anderthalb Jahren fragte ich einen mir unbekannten Leser meines Blogs, ob er mir vielleicht - im Gegenzug zu der Beantwortung einer von ihm gestellten Frage - helfen könne. Ich vermisste das Bild, welches von mir eigenhändig aus dem Kicker ausgeschnitten war und lange an meiner Pinnwand hing und Spieler des 1. FC Köln in München zeigte, die Polonaise tanzend ihren Sieg feierten. 1998 war dies, allerdings brachten die 3 Punkte auch nichts, denn am Ende der Saison stand bekanntermaßen der erste Abstieg. Irgendwann war es dann weg, das Bild und ich hatte keine Ahnung, wo es verschwand.

Das Rätsel hat eine Lösung gefunden, in einer staubigen Kiste fand ich es im Zuge einer kleinen Renovierung, Dirk Schuster, Karsten Baumann, Bodo Schmidt, Rene Tretschok, Dorinel Munteanu und Thomas Cichon trugen hübsche Trikots und das strahlende Lächeln des Überraschungssiegers auf den Lippen.



Schön, nech?

Außerdem fand ich noch anderes: Diesen Aufkleber zum Beispiel. Ein antikes Stück, wie man unschwer erkennen kann. Aber wie das so ist, mit den Rätseln unseres Lebens: Kaum ist eines gelöst, kommt schon das nächste daher - Was mach ich bloß mit diesem formschönen Aufkleber? Aufkleben? Klebt der überhaupt noch? Und wäre es nicht zu schade, den irgendwo hin zu kleben? In circa zwanzig Jahren ist der doch bestimmt drölf Fantastilliarden wert. Fragen über Fragen.

Sonntag, 26. Juni 2011

¡Adiós Millonarios!

Irgendwo in der Nähe von Comodore Rivadavia, in der unendlichen Ödnis Patagoniens. Wir sitzen in einem Überlandbus, zwei Ausländer unter circa vierzig Argentiniern, mittelfristiges Ziel Feuerland. An einer unscheinbaren Straßenkreuzung wird der Bus von einer Polizeistreife angehalten, es gibt ein kurzes Gespräch zwischen Busfahrer und Polizeibeamten, der schließlich in den Bus steigt und langsam durch die Reihen geht. Hier und dort bleibt er stehen um ein paar Fragen zu stellen, bis er schließlich bei mir angelangt ist. Diese Polizeikontrollen der Überlandbusse sind nichts allzu ungewöhnliches, auch wenn sie eher selten stattfinden. Mit übellaunigem Ausdruck spricht der Polizist mich an, mein rudimentäres Spanisch und seine Sprachgeschwindigkeit sowie sein Dialekt beschließen sofort keine Freunde zu werden, aber ich bin vorbereitet und fische das erwartete Wort Pasaporte aus seinem Redeschwall.
Während er mit ernstem Gesicht meinen Ausweis studiert werde ich leicht nervös, argentinische Polizisten haben nicht unbedingt den allerbesten Ruf. Bis dahin gab es keinerlei Problem - auch auf der weiteren Reise wird es keine geben - aber nun ja, er guckt sich ziemlich lange meine Papiere an. Schließlich blickt er mich an und stellt die Frage. Bei allerbestem Willen - ich habe keine Ahnung, was er von mir will, ein Umstand, der ihm durch das große Fragezeichen in meinem Gesicht veraten wird. Er fragt erneut, etwas ungehaltener, leider nicht weniger schnell oder undeutlich. Ich verstehe immer noch nur estación und zucke mit den Schultern um ihm zu verdeutlichen, dass ich nicht weiß was er von mir will. Ein drittes Mal wiederholt er die Frage, diesmal mit Zuhilfenahme der Hände, die jedoch Zeichen in die Luft malen, die ich leider ebenso wenig deuten kann. Mittlerweile ist auch das leise Geschnatter um mich herum verstummt, die Mitreisenden, so kommt es mir vor, sind von der Angespanntheit des Polizisten angesteckt und blicken ebenso erwartungsvoll auf mich wie er.
Schließlich hat er die Nase voll von diesem dummen Touristen, der offenbar nicht einmal die einfachsten Fragen versteht und wiederholt sie ein weiteres Mal, diesmal allerdings auf das Wesentliche reduziert und die Zeichen seiner Hände langsam und deutlich wiederholend: ¿Boca - die Hände malen einen Brustring auf sein imaginäres Trikot - o River? - nun zeichnen sie eine Schärpe.
Ich bin erleichtert, endlich hab ich ihn verstanden, doch die Erleichterung währt nur kurz, denn seine Miene und die gespenstische Stille um mich herum verraten: Die Frage zu verstehen reicht nicht, auf die richtige Antwort kommt es an. ¿River o Boca? - auf diese Frage weiß nahezu jeder fußballinteressierte Argentinier eine Antwort, selbst wenn sein Herz für eine ganz andere Mannschaft schlägt. Der Superclásico hält das ganze Land in Atem, niemand der nicht hinsieht, niemand der sich nicht für eine Seite entscheiden würde. Diese beiden Mannschaften, die beide aus dem Hafenviertel La Boca stammen, auch wenn River Plate schon lange in den schicken Stadtteil Núñez gezogen ist und seit 1938 seine Heimspiele im benachbarten Nationalstadion El Monumental abhält, sind das Nonplusultra im argentinischen Fußball, selbst dann, wenn einer der beiden mal eine längere Durststrecke in Sachen Titelgewinn durchmacht.

River Plate hat viele Titel gewonnen in der 110jährigen Geschichte des Vereins. 33 Meistertitel, insgesamt 68 offizielle Titel national und international, der mit Abstand Führende der ewigen Tabelle der argentinischen Liga, nie abgestiegen.
Bis heute. Die beiden Relegationsspiele gegen Belgrano aus Belgrano konnte River nicht gewinnen und so muss der national erfolgreichste Verein Argentiniens erstmals den Gang in die Nacional B antreten - und das obwohl die Abstiegsregeln einstmals extra so kompliziert konzipiert wurden, damit genau dies nicht passiert. Doch zwei extrem schlechte Vorsaisons sorgten für einen sehr schlechten Quotienten, der wiederum dafür... egal, kompliziert. ¡Adiós River!

...

Ich überlege kurz, ob ich versuchen solle, dem Polizisten klar zu machen, dass ich, wenn ich mich für einen argentinischen Verein entscheiden müsse, Independiente wählen würde, aber ich weiß, dass dies keine geltende Antwort wäre. ¿River o Boca? sieht nicht vor, dass ein dritter argentinischer Verein genannt wird. Also schüttelte ich den Kopf und radebreche daher, dass ich ja nur den einen Verein möge, den FC Cologne aus Alemania. Der Polizist gibt auf, vermutlich beschließt er in diesem Moment, dass Touristen merkwürdige Menschen sind, die zu verstehen es sich nicht lohnt, gibt mir meinen Ausweis wieder und zieht von dannen. Die verwirrten Blicke der Mitreisenden bleiben.

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