Dienstag, 13. März 2012

Von einem der auszog, die Macht des Boulevards zu brechen und verlor

Jochen Hilgers, WDR Redakteur und Kenner des 1. FC Köln, am vergangenen Sonntag in Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs zu der Entlassung von Volker Finke:
"Finke hat es jedenfalls die ganze Zeit nicht geschafft, den Kölner Boulevard hinter sich zu bringen, sondern die großen Zeitungen in Köln waren eigentlich schon ziemlich früh von Finke nicht besonders gut überzeugt. Ich erinner mich auch an seine allererste Pressekonferenz, die er gegeben hat, da hat er seine Handynummer an die Journalisten ausgegeben, hat gesagt, ihr könnt mich dann erreichen zwischen 16.00 und 18.00 Uhr, da guckten die alle schon ganz komisch, vor allen Dingen die Kollegen von Bild und Express, und da sagt der Finke, nee, nee, Ihr habt mich nicht* ganz recht verstanden: Mittwochs von 16.00 bis 18.00 Uhr und damit war das Verhältnis von vorne herein eigentlich schon vergiftet. Das sind zwar Kleinigkeiten, zugebenermaßen, aber das merken sich die Journalisten und von da an hatte Finke immer einen schweren Stand, zumindestens in den Medien."

Noch Fragen?



* Das Interview mit Hilgers wurde am Telefon geführt und ich kann an dieser Stelle nicht genau verstehen, ob Hilgers Finke mit den Worten "Nee, nee, Ihr habt mich NICHT ganz recht verstanden.." oder "Nee, nee, Ihr habt mich SCHON ganz recht verstanden.." zitiert. Ändert ja aber am Inhalt nichts.

Montag, 12. März 2012

Das krude Rechtsverständnis des DFB

Es ist gekommen, wie erwartet, weshalb Empörung sich nicht so recht einstellen möchte - dabei wäre sie ganz und gar angebracht.
Das Sportgericht des DFB hat heute die Strafen für die Kölner Spieler Mato Jajalo und Lukas Podolski bekannt gegeben, die beide im Spiel gegen Hertha BSC am vergangenen Samstag von Schiedsrichter Winkmann des Feldes verwiesen wurden.
Und während man über Jajalos Hinausstellung diskutieren könnte - die Entscheidung an sich ist vertretbar, im Kontext der Spielleitung Winkmanns bis zu dieser 66. Minute allerdings vollkommen deplaziert und unangemessen - möchte eigentlich niemand über die Fehleinschätzung Winkmanns hinsichtlich Podolskis roter Karte diskutieren. Nicht einmal Levan Kobiashwilli, angebliches Opfer einer von Winkmanns Assistenten erfundenen Attacke Podolskis, teilt dessen einsame Auffassung, der Kölner habe eine Tätlichkeit begangen.
Die Sache ist also sehr eindeutig: Podolski hat keine bestrafungswürdige Tat begangen, ist unschuldig. Nichtsdestotrotz hat das Sportgericht des DFB Lukas Podolski für ein Spiel gesperrt, Mato Jajalo mit der für ein "einfaches Foul" (also im Gegensatz zu Tätlichkeiten, Schiedsrichterbeleidigungen o.ä.) Höchststrafe von drei Spielen.
Wie anfänglich gesagt: Legt man den üblichen Umgang des DFB mit solchen Fällen zugrunde, gibt es hier keinen Skandal. Bis auf zwei Ausnahmen (Sergej Barbarez, 2001, Hasan Salihamidzic, 2003) folgte bislang auf einen Platzverweis immer mindestens eine Sperre von einem Spiel. "Automatische Sperre" nennt sich diese Praxis und hat mit einem demokratischen Rechtsverständnis nichts zu tun, da sie vorsieht, dass ein von der Exekutive (hier: der Schiedsrichter) zu Unrecht bestrafter Unschuldiger auch von der Judikative (hier: das Sportgericht des DFB) bestraft wird. Automatisch.
Grund für diese hanebüchene Praxis soll vorgeblich der Schutz des Schiedsrichters und seiner Autorität sein: Eine vom Schiedsrichter getroffene Entscheidung kann und will der DFB nicht rückgängig machen, selbst wenn sie offensichtlich falsch ist. So soll der Schiedsrichter und seine Entscheidungsgewalt gestärkt werden. Tatsächlich passiert das Gegenteil: Denn nur dann, wenn der Schiedsrichter hinterher in seinem Spielbericht zugibt, einen Fehler begangen zu haben, fühlt sich der DFB berechtigt, auf eine Sperre zu verzichten, also den Irrtum des Spielleiters auch seinerseits zuzugeben. Schiedsrichter aber sind fehlbar, wie auch alle anderen Teilnehmer des Spiels, ob aktiv auf dem Rasen oder passiv auf den Rängen und / oder in den Blogs und das ist Teil des Spiels. Die Spielleiter zu stärken hieße eben nicht, ihre Fehler zu deckeln, zu vertuschen und wegzulügen. Aber genau dies tut der DFB und das mit voller Absicht und sehenden Auges. "Tatverdächtiger, sie sind erwiesenermaßen unschuldig, wir bestrafen sie trotzdem, um nicht zugeben zu müssen, dass unser Schiedsrichter einen Fehler gemacht hat."
Was der DFB also mit dieser unglückseligen Praxis vermittelt ist, dass Wahrheit sich nicht lohnt und Unschuld unwichtig ist. Eine Haltung, die dem vom DFB selbst vermittelten Image natürlich diametral gegenübersteht.
Noch aber besteht Hoffnung für einen Einsatz Podolskis im nächsten Spiel, der 1. FC Köln hat Einspruch eingelegt. Zu erwarten ist die Kehrtwende des DFB-Sportgerichtes nicht, deshalb - und weil es mir hier nicht nur um den Fall Podolski geht, sondern um die völlig absurde Vorgehensweise einer von der Schuld unabhängigen automatischen Strafe - kann man nur hoffen, dass der DFB möglichst bald zu Vernunft und einem Rechtsverständnis, das diesen Namen auch verdient, findet und dieses willkürliche Gebahren in der Rechtssprechung abschafft.

Dienstag, 7. Februar 2012

Legendenbauen live.

Manchmal ist diese mediale Mache so durchschaubar, dass man sich fragt, für wie einfältig die Machenden ihre Leser eigentlich halten. Heute im Kölner Stadt-Anzeiger zum Beispiel.

Die Vorgeschichte ist bekannt: Die Stürmersuche des FC im diessaisonalen Wintertransferfenster entwickelte sich zu einem wunderhübschen Stück Schmierenkomödie, dessen Verlauf bestens von donluka drüben bei spox wieder gegeben worden ist, weshalb ich hier das Ganze nicht noch einmal aufdröseln möchte. Für den faulen Leser nur eine kurze Inhaltswiedergabe: Nach wochenlanger Stürmersuche und vielen von der Presse gehandelten Hochkarätern präsentierte der FC am Ende den Ex-Bochumer Chong Tese. Über das Zustandekommen des Transfers gibt es verschiedene Versionen, in den meisten dieser Geschichten gibt es den sympathischen Protagonisten - Trainer Solbakken - welcher den Nordkoreaner, Südkoreaner und Japaner je nach Version entweder gar nicht haben wollte, gar nicht gefragt wurde oder davon, dass kein Geld für einen der anderen Kandidaten da war, nicht begeistert war, und den machtgierigen Antigonisten - Sportdirektor Finke -, der über alte Kanäle (in diesem Fall: Jens Todt, ehemaliger Spieler unter Finke, jetzt Bochumer Manager), was aus einem mir nicht bekannten Grund etwas Böses ist, schlechte Stürmer kauft, um dem 1. FC Köln zu schaden. Oder so ähnlich.

Lange Rede, kurzer Sinn: Chong Tese gilt als Finke-Mann. Nein, genauer gesagt: Als Finke-Flop. Hat zwar noch keine Sekunde gespielt, aber mit solcherlei Sperenzien müssen sich Neuzugänge in Köln auch nicht aufhalten, um als Flop oder Top eingestuft zu werden.

Nun kam das erste Spiel mit "dä Chines" im Kader. Im Kader, wohlgemerkt, nicht auf dem Spielfeld. Dass Tese nicht von Beginn an dabei sein würde, war klar, das gab auch wenig Interpretationsspielraum nach gerade mal drei Tagen im Mannschaftstraining. Eingewechselt würde er auch nicht werden, wußte der Express schon drei Tage vor dem Spiel und sollte recht behalten, statt seiner wurden die beiden Offensivkräfte Odise Roshi und Mikael Ishak ins Spiel gebracht.

Und bekanntermaßen erfolgreich: Der Albaner Roshi schoß das Tor des Tages. Was die freudig gelöste Runde, der ich im Anschluß an das Spiel beiwohnte, dazu veranlaßte zu witzeln, dass der Torschütze nun bestimmt zu einem Solbakken-Liebling ernannt werden würde, um die hübsche Geschichte des Zwistes noch ein wenig abzurunden, frei nach dem Motto "Finke-Flop Tese auf der Bank, Solbakken-Star Roshi schießt das Tor", unter Umgehung der Tatsache, dass beide, sowohl Solbakken als auch Roshi zeitgleich zum FC kamen und von Finke verpflichtet wurden.

Gut, Solbakken-Star steht da nicht, aber "Solbakkens Entdeckung Odise Roshi" ist eigentlich noch viel, viel besser. Well done, Kölner Stadt-Anzeiger. Später, wenn ich die Weltherrschaft an mich gerissen habe und meine Diktatur eingerichtet habe, hätte ich Euch gerne als Chefpropagandisten. Ginge das?

Donnerstag, 5. Januar 2012

Wahl zum Sportbloggerbeitrag des Jahres 2011

Zum dritten Mal steht dieser Tage die Wahl zum Sportbloggerbeitrag des Jahres ins Haus. Das ist eine gute Nachricht. Eine schlechte gibt es aber auch.
Die gute Nachricht ist: Es gibt eine Liste von 11 nominierten Artikeln, die aus einer vom Sportbloggernetzwerk über das Jahr hinweg gesammelten Vielzahl von Artikeln ausgewählt wurden, die ein großes Vergnügen darstellt. Da gibt es Perlen, Juwelen und Perljuwelen. Die gesammelten Werke findet Ihr in Madame Jekyllas "Fabulous Sankt Pauli" Blog. Habt Freude!
Kommen wir zu der schlechten Nachricht: Das Lesevergnügen kommt nicht umsonst. Am Ende steht für Euch, werte Leser, nämlich die schwere Qual der Wahl - welcher Artikel dann tatsächlich Sportbloggerbeitrag des Jahres wird, darüber entscheidet nämlich Ihr und Wir und Alle: Per Abstimmung, die auch bei Jekylla zu finden ist. Noch bis zum 15.1. habt Ihr die Möglichkeit Eure Stimme abzugeben.
Für mich persönlich hat das Ganze noch eine weitere gute Seite, ich stehe selbst nämlich auch auf der Nominierten-Liste, und zwar mit diesem Beitrag hier. Hurra! Eine Saalrunde für alle! Ich freu mich natürlich über jede Stimme, aber mal ernsthaft - da ist so viel verteufelt gutes Zeug dabei, dass die Nominierung an und für sich mich schon vor Stolz platzen lässt. Also, lest Euch die Augen wund und sucht Euch einen hübschen Artikel aus.
Viel Spaß.

Montag, 5. Dezember 2011

Was es zu holen gab in Stuttgart

Es ist ja mittlerweile gute Tradition geworden, das der 1. FC Köln in Stuttgart beim dortigen VfB gut aussieht, jedenfalls was die Punkteausbeute angeht. Seit ca. 24307 Jahren nicht mehr verloren, so wurde vor dem Spiel am vergangenen Wochenende allenthalben vorgerechnet. Selbst die Stuttgarter selbst sahen das so. Und in der Tat, gelang es dem FC ungeschlagen und mit einem Punkt mehr auf dem Punktekonto nach Hause zu fahren.

Es mag auf den ersten Blick in Anbetracht der Tabellensituation arrogant klingen, aber dieser eine Punkt war keineswegs das wichtigste schwäbische Souvenir, das seinen Weg in die Domstadt fand. Viel wichtiger war der späte Ausgleich in Hinsicht auf die Moral.

Eine der übelsten, den FC seit mittlerweile geraumer Zeit begleitende, Krankheit ist nämlich bekanntermaßen die sogenannte hängende Schulter, deren Symptome - Verlust jeglicher positiver Körpersprache, Fortfall der strukturellen Ordnung, Einbuße des Glaubens an die eigenen Fähigkeiten - besonders stark nach Gegentoren zu Tage treten. Ein Spiel, wie es in der ersten Halbzeit gegen Stuttgart zu sehen war, in Form einer frühen Führung aus einer sehr defensiven Grundhaltung heraus und trotzdem zwei folgende Gegentore noch vor der Pause, ist der allerbeste Nährboden für diese Krankheit. So nahm es kein Wunder, dass die FC-Spieler vom Feld schlichen als der Halbzeitpfiff ertönte und schlimmstes musste für die zweite Halbzeit erwartet werden. Sicherlich nicht, dass da noch irgendwas zu holen sei.

Doch es kam anders und das ist hoffentlich etwas, das mitgenommen werden kann: Der FC begann die zweite Halbzeit deutlich druckvoller als er die erste beendete, der vielgerühmte Wille war erkennbar. Noch immer gab es eine unglaubliche Anzahl an Fehlpässen, noch immer haarsträubende Abwehrfehler und ja, der VfB trug auch sein Scherflein dazu bei, dass der Vorsprung nicht größer wurde. Odise Roshi machte auf dem rechten Flügel zwar nicht das Spiel seines Lebens, war allerdings deutlich auffälliger als Christian Clemens, der auf gleicher Position in Halbzeit Eins gerade mal auf 0,7 Ballkontakte gekommen war. Dadurch hatte das Spield des FC plötzlich zwei Flügel, ein großer Vorteil, will man ein Fußballspiel erfolgreich gestalten.

Und selbst zum Schluß hin, die Minuten verrannen, hinten hielten Rensing und das Stuttgarter Unvermögen den FC im Spiel, die Kölner Sturmgranaten M.C. Kenna und Stolperfreis waren ins Spiel gekommen, der Ausgleich lag trotzdem nicht in der Luft, selbst dann also, als es schwer danach aussah, als sei dann heute das Ende einer drölfmillionen Jahre dauernden Serie gekommen - da wollten sie immer noch. Unbedingt diesen Ausgleich erzielen, unbedingt unbesiegt sein, unbedingt einen Punkt mitnehmen.

Im Fußball zählen die Ergebnisse und die Tabellensituation verlangt nach Punkten, und so wäre der Blick auf das Spiel ein anderer, wäre Lukas Podolski nicht noch in die Gelegenheit gekommen die schwerste Kölner Waffe, den Sololauf des Prinzen auf halblinks auf das Tor zu, einzusetzen. Aber eigentlich, eigentlich war das nicht wichtig. Wichtig war, dass die Mannschaft des 1. FC Köln sich nicht aufgab. Anderswo eine Selbstverständlichkeit vermutlich, nicht so beim FC, saison-, mannschafts- und trainerübergreifend. So bleibt zu hoffen, dass es am vergangenen Wochenende wichtigeres zu holen gab als einen Punkt und den Fortbestand einer Serie: Den ersten Schritt der Genesung von einer schlimmen Krankheit.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Verein, Heimat, Identität und der ganze Rest

Eigentlich ist längst alles gesagt, in der von Johannes Schneider im Tagesspiegel unter der etwas reißerischen Überschrift "Ihr seid keine Unioner!" angestoßenen Debatte um Fanidentität im allgemeinen und das Unioner- und Berliner-sein im Besonderen. Sebastian vom Textilvergehen hat sehr lesenswert geantwortet und Frédéric im Zum Blonden Engel auch. Und beide haben nicht unrecht, beide treffen einen Teil des Nagels auf den Kopf, aber eben nur einen Teil. Johannes Schneider hat nämlich gar nicht mal so unrecht. Und das sag ich, zugezogener Berliner und ebenso Zweit-Unioner wie der von Schneider beschriebene J - allerdings mit dem sehr wichtigen Unterschied, dass ich kein Gladbachfan bin. Hehe.

Ich lebe mittlerweile in dieser Stadt länger als ich jemals zuvor in meinen 42 Jahren irgendwo lebte. Knapp, aber doch. Bin ich ein Berliner? Eine Frage der Grenzziehung, eine uralte Diskussion hier in dieser Stadt, die schon immer eine Zuzugsstadt war, jedenfalls in den letzten sagenwirmal hundert Jahren. Meine Heimat zu benennen fällt mir schwer, meine Kölner Wurzeln sind da und werden es auch bleiben, aber eigentlich bin ich inzwischen hier, in Berlin, viel stärker verästelt. Zwischendurch noch zehn Jahre Norddeutschland, Eltern, die durch die deutsche Geschichte und ihre Wirrungen ihre Kinder auch nicht da zeugten, wo sie selbst und ihre Eltern geboren wurden, et voilà, fertig ist die Heimatlosigkeit. Was weitaus dramatischer klingt als es ist. Weil ich es nicht anders kenne.

Ich kenne allerdings Menschen, die dieses Gefühl der Heimatlosigkeit auch empfinden, obwohl sie nie weggezogen sind, oder höchstens von Köpenick nach Prenzlauer Berg. Deren Familie hier seit Generationen in dieser Stadt verwurzelt sind. Menschen, die weltoffen sind und denen es völlig wurscht ist, ob jemand Kölner, Spanier, Sachse, Schwabe oder Türke ist, solange sie sich etwas interessantes zu erzählen haben. Die aber darunter leiden, dass sie im Supermarkt komisch angeguckt werden, wenn sie Berlinern oder in bayrisch angehauchtem Deutsch gefragt werden, ob sie denn kein Hochdeutsch könnten. In Berlin. Oder eben Mühe haben, an einem Auswärtsspieltag eine Kneipe zu finden, die das Union-Spiel zeigt (oder auch: das Hertha-Spiel zeigt), aber keine, eine zu finden, in der Werder oder der Effzeh läuft.

Und was, wenn nun das selbe in der Alten Försterei drohte? Oder, provokanter dahin gesagt, ist das nicht schon längst so? Als ich vor etwas mehr als zehn Jahren begann, die Heimspiele Unions zu besuchen, stellte ich fest, dass ich einen Großteil des Liedguts nicht kannte, noch nie gehört hatte. Das ist inzwischen längst nicht mehr so, auch wenn solche, die von sich behaupten, sie gingen zu Union und nicht zum Fußball, sehr verwirrt gucken, wenn sie feststellen, dass vieles, was in der Alten Försterei gesungen wird auch woanders gesungen wird, nur mit anderem Text ("Haha, hör mal, die singen Union-Lieder" - "Ähm, nein... ").
Dieser schon stattgefundene Wandel hat natürlich in erster Linie mit einem Wandel der Fußballkultur im allgemeinen zu tun (Stichwort Ultras) und weniger mit einem Wandel des Publikums in Köpenick zu tun, aber eben auch. Woher soll so jemand wie z.B. ich die alten Texte kennen?

Klar, ich war in Lovetch beim UEFA-Cup-Auswärtsspiel und in der Oberliga und bin ein Jahr lang in den nahe gelegenen Jahn Sportpark statt nach Köpenick gepilgert. Bin ich also Unioner? Die Antwort darauf ist weder ein klares Nein, wie von Schneider nahegelegt, aber eben auch kein so eindeutiges Ja, wie es Sebastian und Frédéric formulieren und das hat wenig damit zu tun, dass die Mannschaft aus der Domstadt immer noch die Nummer Eins in meinem Fußballherz ist. Sebastian hat völlig recht, wenn er mit den Worten "Heimat ist vor allem Gefühl und Liebe. Und glücklicherweise nicht Herkunft." schließt, und ja, ich möchte das auch für mich in Anspruch nehmen. Aber zu dem Gefühl und der Liebe gehört auch die Sensibilität das Vorhandene zu schützen. Nicht um jeden Preis und nicht gegen den Lauf der Zeit, der Veränderungen so oder so mit sich bringt, aber gegen den Input der eigenen Existenz und zwar dann, wenn sie droht, das vorhandene verschwinden zu lassen. Frédéric bezeichnet Schneiders Heimatbegriff als "museal" und geradezu "sarrazinesk", da er sich allein auf die Herkunft berufe, Heimat sei eine Frage der Wahl - das ist hübsch formuliert und für jemanden wie mich, der ich aus Köln am Rhein stamme oder ihn, der aus Wangen im Allgäu stammt und die wir uns Berlin als Heimat aussuchten auch völlig richtig. Aber was ist, wenn sich jemand die Stadt, in der er geboren und groß geworden ist, als Heimat erwählte und eines Tages vor die Tür tritt und feststellt, dass es diese Heimat gar nicht mehr gibt, und die Sprache dieser Heimat nur scheele Blicke erntet? Welche Wahl hat dieser Mensch?

Sich abfinden und das Gute im Neuen suchen und hoffentlich finden. So (und nur so - soviel zur Wahlfreiheit) funktioniert es im Großen, der Stadt. In einem Fußballverein, zu dem die emotionalen Bindungen womöglich größer, dessen Tribünenzusammensetzung aber keine gesellschaftliche Bedeutung hat, funktionieren die Dinge aber anders. Denn anders als von den Projektierern in Hoffenheim und Leipzig behauptet, spielt Tradition und Herkunft in der Tat eine wichtige identitätsstiftende Rolle als Kit und Mörtel.

Zum Abschluss zwei Dinge: Ich möchte weder im Großen (Stadt) noch im Kleinen (Fußballverein) dem Gewäsch von einer "Überfremdung" das Wort reden, dieses richtet sich nämlich immer gegen Menschen, die ebenfalls keine Wahl haben. Das Verschwinden des alten Prenzlauer Bergs zum Beispiel aber hat damit wenig zu tun, ganz im Gegenteil. Und: Bezogen auf den 1. FC Union Berlin ist diese Debatte eine, die sich wenn, dann auf eine Gefahr aus der Zukunft bezieht, denn in der Gegenwart scheint mir das Publikum in der überwiegenden Mehrzahl noch zu wissen, wo sie sind, warum sie da sind und wie man sich zu benehmen hat. Ohne Klatschpappen und Sitzkissen zu erscheinen zum Beispiel.

Dienstag, 29. November 2011

[Neuer Header] Auch ein leeres Stadion ist einen Besuch wert

Langsam wurde es ja Zeit und endlich komme ich dazu: Wie dem regelmäßigen Leser meines Blogs bekannt, wechsel ich alle Naselang mal den Header meines kleinen beschaulichen Blogheims.

Nach dem Florian-Krygier-Stadion in Szscecin, welches zuletzt meinen Header zierte, bleiben wir in Osteuropa, wenn auch viel weiter südlich. Das aktuelle Bild stammt natürlich aus Serbien, genauer gesagt Belgrad. Um ganz genau zu sein, ist es das Omladinski Stadion, in welchem der OFK Beograd seine Heimspiele austrägt.
Wieso ich da war, wieso so wenig Zuschauer außer mir und meiner Reisegruppe anwesend sind bei dem Spiel zwischen den Gastgebern und FK Borac Čačak, das läßt sich alles hier nachlesen.

Montag, 28. November 2011

Steffen Simon, Randaleur

Wer sich hin und wieder die ARD Sportschau ansieht, weiß, dass es immer wieder eine besondere Härteprüfung der eigenen Guckbereitschaft ist, wenn Steffen Simon, seines Zeichens Chef des Janzen, das Mikrophon ergreift und die Zusammenschnitte selbst kommentiert.

Deswegen lohnt es sich eigentlich nicht auf verbale Fehltritte Simons besonders einzugehen, in diesem Fall will ich aber eine Ausnahme machen, da mir scheint, dass der gute Herr Simon hier nicht einfach nur seinen üblich Unsinn redete, sondern einer Agenda propagandistisch den Boden bereitete.

Konkret geht es um das Ruhrgebietsderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04. In der zweiten Halbzeit war es, da zeigte das Bild einige vermummte Schalke 04 Fans, ganz vorne am Zaun stehend, die Arme durch das Gitter gesteckt und in den Händen weiße Bengalos haltend. Also: Zwar im Block stehend, die Bengalos aber außerhalb abbrennend. Nun mag man ja auf die Gesetzeslage hinweisen und überhaupt jegliche Form von Pyrotechnik in Fußballstadien ablehnen, eine Position, für die ich durchaus Verständnis habe, auch wenn ich sie nicht zur Gänze teile. Das soll hier aber gar nicht das Thema sein.

Genauso wenig wie Simons erster Kommentar zu den gezeigten Bildern, der da lautete, dass zu diesem Zeitpunkt "einige Schalke 04 begannen zu randalieren". Ich kann das nicht beurteilen, denn ich würde es Steffen Simon durchaus zutrauen, dass er Bilder kommentierte, die ich - als Zuschauer der von ihm verantworteten Sendung - gar nicht zu sehen bekam. "Randale" jedenfalls wurde nicht gezeigt, aber wer weiß, vielleicht fand sie ja zu diesem Zeitpunkt irgendwo anders statt.

Was mich wirklich ärgerte, war der zweite Kommentar. Da kündigte Simon den "Randalierern" böse Konsequenzen an: Wer sich so verhalte, müsse sich nicht wundern, wenn es dann in Zukunft, als Folge dieses Handelns, nur noch Sitzplätze gebe.

Und das ist dann der Punkt, an dem ein Aufschrei, auch wenn er nur in einem kleinem Popelblog erfolgt, notwendig wird: Nein, Herr Simon, die Versitzplatzisierung ist keine Konsequenz aus angezündeten Bengalos. Sie findet statt, weil die von Verbands- und Vereinsfunktionären und Fernsehonkeln, wie Sie es sind, gewünschte Umwandlung eines Stadionbesuchs in unbezahlbare Eventerlebnisse in Multifunktionsarenen mehr Geld in die Kasse spült. Weil ein pluralistisches und mündiges Publikum schlechter kontrollierbar ist. Weil nur eine tote Kurve eine gute Kurve ist, ein Eigenleben von Fußballanhängern nicht erwünscht ist.

An Ihre Inkompetenz in Sachen sportliche Berichterstattung haben wir uns gewöhnt, Herr Simon. Wenn Sie nun auch noch anfangen, in propagandistischer Absicht den Sportzerstörern das Wasser zu reden und in bundesdeutscher Fußballkultur herum randalieren, sind Sie nicht länger tragbar.

[Update: Grad gesehen: Auch die 5 Freunde im Abseits haben sich des Themas angenommen.]

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