[Winterpausengeschichten] Das Spiel, daß es nie gab
Im vergangenen Herbst war es, daß sich eine kleine, aber illustre Reisegruppe abermals aufmachte aus Berlin in ein Land zu reisen, daß sich nach kollektiver Findungsdiskussion im Vorfeld den Beinamen "Absurd" verdiente. Das letztmalige Ziel Weißrussland an Absurdität zu übertreffen würde schwer werden, soviel war klar, aber da der Großteil der Truppe (genau genommen alle außer dem Autor) im Osten aufwuchs, schien jenes kleine, unscheinbare Land zwischen Holland und Frankreich kein schlechtes Ziel. Belgien, Land des Kirschbiers und der Pommessoßen in x-tausend Variationen. Kirschbier. Geht es noch absurder*?
Es sieht nur so aus, als hätte es dieses Spiel tatsächlich gegeben.
Und natürlich Fußball. Der Besuch eines Fußballspiels ist selbstverständlich Pflicht für Reisen dieser Art. Allerdings, so dachte man vorher, würde hier der Absurditätsvergleich klar zu Gunsten Weißrusslands ausfallen, der belgische Fußball schien doch westeuropäisiert genug im Vergleich zu einem Spiel in der ersten belorussischen Liga. Doch weit gefehlt, jedenfalls im Nachhinein.
Daß die Wahl eines geeigneten Spiels schwer gemacht wurde, hätte schon ein Zeichen sein können. Das eigentlich präferierte Standard Lüttich wollte uns nicht, da sein Ligaspiel mit unseren Reiseplänen kollidierte, schließlich kann man nicht gleichzeitig in Liège und in Ostbelgien, genauer beim Spiel Alemannia Aachen gegen Union Berlin sein, ein Termin, der natürlich Pflicht für uns war. Also dann: Royal Antwerp FC - Zweitligist, Ältester Fußball Verein Belgiens. Hervorragendes Ziel also für Fußballnostalgier. Einmal in Antwerpen angekommen, mussten wir allerdings feststellen, daß das Heimspiel kurzerhand verlegt worden war. In dieser Stunde der Not kam Germinal Beerschot, immerhin Erstligist, daher. Samstagabend, Heimspiel gegen Excelsior Mouscron.
Hübsche kleine Absurditäten gab es da zu sehen. Zum einen der gastgebende Verein selbst, mitten in einer Vorortsiedlung gelegen, und auf diese Weise auf englische Art verwurzelt erscheinend, dabei handelt es sich doch um ein Kunstprodukt, daß nach ca. 234786 Umbenennungen und Ortsverlegungen erst richtig 1999 durch Fusion ins Leben gerufen wurde. Dann auch das Spiel selbst: Die erste Halbzeit sah eine drückend überlegende Gastmannschaft aus Mouscron, der es allerdings erst kurz vor Halbzeitpfiff gelang den längst überfälligen Ausgleich zum 1:1 zu erzielen. Im zweiten Spielabschnitt dann ein völlig auf den Kopf gestelltes Spiel, Germinal Beerschot führte nicht nur früh, sondern hatte gefühlte 98 % des Ballbesitzes, während die Mannschaft aus Mouscron offenbar völlig vergessen hatte, was man so macht, mit diesem merkwürdigen runden Ding, auf einem Fußballfeld herumstehend. Die 2% Ballbesitz jedoch reichten aus, um in der 88. Minute den Spielverlauf ad Absurdum zu führen: Ausgleich, 2:2. Aus dem Nichts ist eine beliebte und zugebenermaßen schwerstens abgedroschene Spielbeschreibungsfloskel, selten war sie treffender. Doch Germinal wußte tatsächlich zu antworten: Irgendwann in der elend langen Nachspielzeit, für die es um ehrlich zu sein keinen Grund gab, fiel doch noch das siegbringende 3:2. Torschütze: Ein bis dahin nur durch schlimmste Stümperei im höchsten Maß aufgefallener Bart Goor. Bart Goor. Geht es absurder?
Die Absurditätskrönung ist jedoch, daß dieses Spiel quasi niemals stattgefunden hat. Jedenfalls der offiziellen Lesart nach. Wie der geneigte und allseits interessierte Leser vermutlich weiß, gehört Excelsior Mouscron zu den ersten Opfern der Finanzkrise und mußte kürzlich die Segel streichen, nachdem zum dritten Mal in Folge kein Team gestellt werden hätte können. Zwangsabstieg in die dritte belgische Liga sowie Annulierung aller bislang gespielten Ligapartien dieser Saison ist die Strafe für den Klub, der einst die Mpenza Brüder groß machte und für zwölf Spiele Heimat des heutigen Hoffenheimers Demba Ba war.
Machs gut, Excelsior Mouscron und komm mal wieder zurück in den bezahlten Fußball. Und unter uns: Ich hab es gesehen, ich kann bezeugen, daß es das Spiel gegeben hat. Ehrlich.
* Soviel sei verraten: Es geht. Schokoladenbier ist wirklich die Krönung des Absurden in Sachen Bier.
Es sieht nur so aus, als hätte es dieses Spiel tatsächlich gegeben.
Und natürlich Fußball. Der Besuch eines Fußballspiels ist selbstverständlich Pflicht für Reisen dieser Art. Allerdings, so dachte man vorher, würde hier der Absurditätsvergleich klar zu Gunsten Weißrusslands ausfallen, der belgische Fußball schien doch westeuropäisiert genug im Vergleich zu einem Spiel in der ersten belorussischen Liga. Doch weit gefehlt, jedenfalls im Nachhinein.
Daß die Wahl eines geeigneten Spiels schwer gemacht wurde, hätte schon ein Zeichen sein können. Das eigentlich präferierte Standard Lüttich wollte uns nicht, da sein Ligaspiel mit unseren Reiseplänen kollidierte, schließlich kann man nicht gleichzeitig in Liège und in Ostbelgien, genauer beim Spiel Alemannia Aachen gegen Union Berlin sein, ein Termin, der natürlich Pflicht für uns war. Also dann: Royal Antwerp FC - Zweitligist, Ältester Fußball Verein Belgiens. Hervorragendes Ziel also für Fußballnostalgier. Einmal in Antwerpen angekommen, mussten wir allerdings feststellen, daß das Heimspiel kurzerhand verlegt worden war. In dieser Stunde der Not kam Germinal Beerschot, immerhin Erstligist, daher. Samstagabend, Heimspiel gegen Excelsior Mouscron.
Hübsche kleine Absurditäten gab es da zu sehen. Zum einen der gastgebende Verein selbst, mitten in einer Vorortsiedlung gelegen, und auf diese Weise auf englische Art verwurzelt erscheinend, dabei handelt es sich doch um ein Kunstprodukt, daß nach ca. 234786 Umbenennungen und Ortsverlegungen erst richtig 1999 durch Fusion ins Leben gerufen wurde. Dann auch das Spiel selbst: Die erste Halbzeit sah eine drückend überlegende Gastmannschaft aus Mouscron, der es allerdings erst kurz vor Halbzeitpfiff gelang den längst überfälligen Ausgleich zum 1:1 zu erzielen. Im zweiten Spielabschnitt dann ein völlig auf den Kopf gestelltes Spiel, Germinal Beerschot führte nicht nur früh, sondern hatte gefühlte 98 % des Ballbesitzes, während die Mannschaft aus Mouscron offenbar völlig vergessen hatte, was man so macht, mit diesem merkwürdigen runden Ding, auf einem Fußballfeld herumstehend. Die 2% Ballbesitz jedoch reichten aus, um in der 88. Minute den Spielverlauf ad Absurdum zu führen: Ausgleich, 2:2. Aus dem Nichts ist eine beliebte und zugebenermaßen schwerstens abgedroschene Spielbeschreibungsfloskel, selten war sie treffender. Doch Germinal wußte tatsächlich zu antworten: Irgendwann in der elend langen Nachspielzeit, für die es um ehrlich zu sein keinen Grund gab, fiel doch noch das siegbringende 3:2. Torschütze: Ein bis dahin nur durch schlimmste Stümperei im höchsten Maß aufgefallener Bart Goor. Bart Goor. Geht es absurder?
Die Absurditätskrönung ist jedoch, daß dieses Spiel quasi niemals stattgefunden hat. Jedenfalls der offiziellen Lesart nach. Wie der geneigte und allseits interessierte Leser vermutlich weiß, gehört Excelsior Mouscron zu den ersten Opfern der Finanzkrise und mußte kürzlich die Segel streichen, nachdem zum dritten Mal in Folge kein Team gestellt werden hätte können. Zwangsabstieg in die dritte belgische Liga sowie Annulierung aller bislang gespielten Ligapartien dieser Saison ist die Strafe für den Klub, der einst die Mpenza Brüder groß machte und für zwölf Spiele Heimat des heutigen Hoffenheimers Demba Ba war.
Machs gut, Excelsior Mouscron und komm mal wieder zurück in den bezahlten Fußball. Und unter uns: Ich hab es gesehen, ich kann bezeugen, daß es das Spiel gegeben hat. Ehrlich.
* Soviel sei verraten: Es geht. Schokoladenbier ist wirklich die Krönung des Absurden in Sachen Bier.
spielbeobachter - 6. Jan, 17:42
Trackback URL:
https://spielbeobachter.twoday.net/STORIES/winterpausengeschichten-das-spiel-dass-es-nie-gab/modTrackback